Rede zur Krankenhausstruktur & Schließung Krankenhaus Ostercappeln

Sehr geehrte Frau Landrätin, sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen – und Abgeordnete der AfD,

Ich wohne in Ostercappeln – daher bin ich persönlich von der geplanten Schließung des Krankenhauses Ostercappeln betroffen – zumal ich aufgrund eigener Ungeschicklichkeit des Öfteren zu Gast in der dortigen Notaufnahme war.

Ich arbeite in Bad Essen – daher bin ich persönlich von der geplanten Schließung des Krankenhauses Ostercappeln betroffen. Zum einen, weil aktuell in unserer Reha-Klinik regelmäßig Bewerbungen aus dem Niels-Stensen-Verbund eingehen und ich daher zahlreiche Gespräche mit den dortigen Mitarbeitern führe. Zum anderen, weil beinahe wöchentlich Patienten von uns in das Krankenhaus St. Raphael gebracht werden:  sei es für eine schnelle CT-Kontrolle oder ein Röntgenbild – was jetzt in weniger als zwei Stunden geschieht, wird vermutlich zukünftig fast einen ganzen Tag benötigen.

Ist die Krankenhausstrukturreform also grundsätzlich falsch?

Nein, ist sie nicht. Eine Spezialisierung und Zentralisierung ist richtig und wichtig, wenn es um aufwändige Operationen und besondere Therapien geht.

Schon kurz nach Einführung der Leistungsbezogenen Vergütung durch DRGs (CDU/SPD/FDP) wurde klar, dass jetzt verstärkt Menge statt Qualität im Fokus der Kliniken stand. Das ursprüngliche Ziel – eine Begrenzung der Ausgaben – wurde dadurch nicht nur verfehlt, sondern die Kliniken verwandelten sich auch in Gesundheitsfabriken, die sich nur durch effiziente Fließbandarbeit und einträgliche Operationen wirtschaftlich stabil halten konnten, während die Gesundheitsausgaben stetig weiter anstiegen – wohlgemerkt die Versorgung aber nicht wirklich verbessert wurde. Dieses erkannte dann auch CDU-Gesundheitsminister Spahn, der 2021 Mindestmengen und die Veröffentlichung von Qualitätskriterien einführte (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz), die sich auch in der jetzigen Reform wiederfinden. Die Landesregierungen von Niedersachsen und auch von Nordrhein-Westfalen hatten vor der vom Bund geplanten Reformen ähnliche Neustrukturierungen geplant – das Krankenhausgestaltungsgesetz von NRW-Minister Laumann wird jetzt sogar als Blaupause für die Zuteilung der Leistungsgruppen genutzt.

Ist die Krankenhausstrukturreform also für den ländliche Raum falsch?

Nein, ist sie nicht. Sie sieht nämlich vor, dass der ländliche Raum gestärkt und bedarfsgerechte Angebote vor Ort vorgehalten werden. Das Land Niedersachsen war hier sogar Vorreiter mit dem Modell der Regionalen Gesundheitszentren – ein Modell, das nicht nur unter dem Begriff „sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung“ bei der Reform übernommen werden soll, sondern auch weiter gefasst und auf eine sichere finanzielle Grundlage gestellt werden soll. Und ja, man kann sagen, dass so ein Modell – zumindest bis jetzt – in Ankum nicht funktioniert. Dabei kommt es aber neben einer gesicherten Finanzierung auch auf Angebot und Akzeptanz an. Eine sektorenübergreifende Versorgung – also eine Verknüpfung von ambulanter und stationärer Leistung in Kombination mit pflegerischen und therapeutischen Angeboten und weiteren Beratungs-, Gesundheits- und Vorsorgeleistungen kann und soll gerade im ländlichen Raum den durch Fachkräftemangel, eine immer älter werdende Gesellschaft und technologischen Fortschritt veränderten Bedarf decken.

Ist die Krankenhausstrukturreform also für den Landkreis Osnabrück falsch?

Nein, ist sie nicht. Sie kommt aber zu spät um einen strukturierten Übergang in neue Versorgungsformen zu ermöglichen und sich an die veränderten Bedarfe anzupassen. Sie kommt offenbar auch zu spät, um alle bisherigen Standorte zu sichern. Die Ursachen dafür sind multifaktoriell und liegen nicht nur bei den Niels-Stensen-Kliniken, sondern auch bei einer seit langem nicht auskömmlichen Finanzierung durch Bund und Land. Daran wird auch keine Übergangsfinanzierung oder Übernahme einer Trägerschaft etwas ändern.

Ist also die Medizinstrategie 2028 der Niels-Stensen-Kliniken falsch?

Da uns dazu nicht alle Unterlagen vorliegen, ist das von außen schwer zu beurteilen. Falsch ist es auf jeden Fall, die Schließung des Standortes Ostercappeln zu verkünden, ohne Optionen für eine Weiternutzung zu benennen. Die Sorge der Bevölkerung im Wittlager Land, dass es keine ausreichende Vor-Ort-Versorgung mehr geben könnte, ist gerechtfertigt. Der Landkreis muss und wird sicherstellen, dass die notärztliche Versorgung und der Rettungsdienst weiterhin so aufgestellt sind, dass vorgeschriebene Hilfsfristen eingehalten werden können. Bei besonders schweren Erkrankungen – auch zeitkritischen – werden schon jetzt größere Kliniken angefahren ohne die Patienten zu gefährden, es braucht aber auch eine Anlaufstelle für kleinere Notfälle und auch einige wenige Betten für einfache Fälle und kurze Aufenthalte.

Was muss also jetzt passieren?

Es bringt überhaupt nichts, nach Schuldigen zu suchen, wie es in den letzten Wochen – und auch heute – geschehen ist. Denn dann könnten wir alle gegenseitig mit dem Finger auf den anderen zeigen. Egal ob Bundes-, Landes- oder Kommunalpolitik, keiner hatte in den letzten Jahrzehnten den Mut, das Thema – und die notwendigen Veränderungen offen und ehrlich anzusprechen, geschweige denn anzupacken. Und auch Kostenträger, Leistungserbringer und Bürgerinnen und Bürger haben das bisherige System bis zum letzten ausgereizt statt für Veränderung zu sorgen.

Eine gute Versorgung können wir nur dann möglich machen, wenn wir miteinander statt gegeneinander arbeiten – auf allen Ebenen und über alle Parteifarben hinweg. (die blau-braunen nehme ich hier ausdrücklich aus). Jetzt liegt es an uns, die kommenden Vorschläge der Verwaltung zu prüfen und für den Standort Ostercappeln – und den gesamten Landkreis – gemeinsam mit allen anderen Beteiligten kluge Lösungen zu entwickeln.