Kommentar: Örtlicher Pflegebericht Landkreis Osnabrück

Der aktuelle kommunale Pflegebericht des Landkreises Osnabrück bringt Erschreckendes – aber nicht Unerwartetes – zu Tage: um die Pflege im Landkreis ist es nicht gut bestellt.

Neben der Klimakrise und der Energiekrise haben wir auch eine Pflegekrise. Diese hat ebenso wie die anderen Krisen Auswirkungen auch auf die regionale Wirtschaft, etwa wenn die Arbeitsleistung von Angehörigen fehlt.

Allerorts fehlen Heimplätze, ambulante Versorgungsmöglichkeiten und Angebote für Pflegebedürftige und Angehörige. Die Auslastung der ambulanten Pflegedienste liegt kreisweit bei 96%, Anfragen müssen regelmäßig abgelehnt werden. Stationäre Pflegeeinrichtungen sind mit Belegungsquoten von bis zu 98% voll ausgelastet und arbeiten mit Wartelisten. Wenngleich die Anzahl der Beschäftigten in der Pflege stetig steigt, so handelt es sich doch zumeist um Hilfskräfte, oft ohne Ausbildung. Ausbildungsplätze hingegen bleiben unbesetzt – sowohl bei der dreijährigen Fachkraftausbildung, wo knapp 22% der Plätze nicht besetzt sind, als auch bei der zweijährigen schulischen Assistenzausbildung, wo sogar knapp 28% der Plätze nicht besetzt sind. Erschwerend kommt eine hohe Abbrecherquote während der Ausbildung hinzu, die zwischen 28 und 35 % liegt. Der Mangel an Fachkräften ist bereits jetzt eklatant und wird sich bedingt durch den Nachwuchsmangel und einer aufgrund des Altersdurchschnitts der Fachkräfte erwartbar hohen Anzahl von Renteneintritten weiter verschärfen.

Schnelle Lösungen sind nicht in Sicht. Selbst wenn in den Kommunen des Landkreises kurzfristig 400 Pflegeplätze geschaffen werden könnten, so sind diese vermutlich nicht ohne weiteres betreibbar, da es an entsprechenden Fachkräften fehlt. Erstes Ziel muss es also sein, nicht unreflektiert die Versorgungskapazitäten zu erhöhen, sondern diese sinnvoll zu planen und umzusetzen. Zudem muss ein Fokus auf die Verringerung des stationären Pflegebedarfs gelegt werden, dazu müssen Strukturen in den Gemeinden geschaffen werden, die Pflegebedürftige jeden Alters – ja, auch in jungen Jahren kann man Pflegebedürftig werden, auch wenn das niemand gerne hören möchte – die Pflegebedürftige jeden Alters so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglicht.

Laut Bericht waren im Landkreis 2019 über 120 Pflege-Fachkraftstellen unbesetzt, Tendenz steigend. Dieser Negativentwicklung müssen wir mit allen Mitteln Einhalt gebieten. Kreis und Kommunen sind in Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern gefordert, Lösungen unter anderem in den Bereichen Mobilität und Kinderbetreuung zu entwickeln: erst letzte Woche hatte ich die Bewerbung einer erfahrenen Pflegefachkraft auf dem Schreibtisch liegen, die sich -Achtung! – für die Küche beworben hat, weil ihr – ohne Auto und alleinerziehend – nach zahlreichen Absagen eine Beschäftigung in der Pflege nicht möglich schien. Auch den hohen Abbruchquoten in der Ausbildung muss dringend etwas entgegengesetzt werden, wir müssen sicherstellen, dass die Auszubildenden auch tatsächlich ausgebildet und nicht als Arbeitskräfte ausgenutzt werden. Ein Wort noch zu den oft als Lösung benannten Fachkräften aus dem Ausland: diese sind auf jeden Fall nicht nur notwendig, sondern auch ein Gewinn für die Unternehmen. Aber gerade für kleinere Einrichtungen ist die Rekrutierung mit einem enormen Aufwand verbunden. Auch fehlt es in der Region an Angeboten sowohl für die berufliche als auch die soziale Integration. Hier müssen wir dringend nachsteuern, wenn wir die Fachkräfte auch in der Region halten wollen. Wir werden nicht darum herumkommen, uns in den nächsten Monaten und Jahren intensiv mit diesem Thema auseinanderzusetzen und ggf. auch Mittel im Haushalt bereitzustellen.

Mareen Guth