Rede zum TOP „Krankenhaus Ankum“

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Frau Landrätin, liebe Kolleginnen und Kollegen sowie Abgeordnete der AfD,

Was passiert da gerade in Ankum?

Für die 360 Mitarbeiter bedeutet die verkündete Umstrukturierung, dass ihr Leben auf den Kopf gestellt wird. Seit der Vorstellung der Pläne Anfang November durchlebten diese 360 Mitarbeiter Phasen der Hoffnung, dass das alles nicht real werden würde, Phasen von Wut, die sich in Protesten spiegelten, Phasen von Verhandlungen, die seitdem innerhalb und außerhalb des Krankenhauses – und vermutlich auch in ihnen selbst – geführt werden. Phasen von Verzweiflung, wenn ihnen bewusst wird, welche Einschnitte das Auflösen gut eingespielter Teams, die Trennung von bekannten Strukturen und die zahlreichen Herausforderungen, die mit neuen Arbeitsverhältnissen verbunden sind, auf ihr Leben haben werden. Es gibt aber auch Phasen der Akzeptanz, wenn Mitarbeiter sich aktiv auf die Suche nach einem neuen, sicheren Arbeitsplatz machen. Und Sicherheit ist gerade in diesen unsicheren Zeiten von hohem Wert: ein Moratorium, wie es jetzt mehrfach gefordert wurde, bietet genau diese Sicherheit nicht! Es führt nur zu weiteren Monaten und Jahren der Unsicherheit. Monate und Jahre, in denen vermutlich immer mehr Mitarbeiter sich auf die Suche nach Sicherheit machen werden.

Was passiert da gerade in Ankum noch?

Nicht nur für die Mitarbeiter, auch für die Einwohner im Nordkreis besteht Unsicherheit: Wer versorgt meine Angehörigen und mich im Notfall? Wo erreiche ich nachts und am Wochenende einen Arzt? Wo werden im Nordkreis zukünftig die Kinder zur Welt kommen? Muss ich jetzt für kleinere Eingriffe bis nach Osnabrück fahren? Viele dieser Fragen sind bereits beantwortet: die notärztliche Versorgung ist gesichert, die Rettungsmittel sind bereits aufgestockt, die Nordkreis-Kinder bleiben Nordkreis-Kinder und kleinere Eingriffe können auch in einem Regionalen Gesundheitszentrum durchgeführt werden.  Dennoch bleiben weiter Fragen offen, die sicher noch zu klären sind.

Warum passiert das gerade in Ankum?

Die Diskussion um die Zukunft des Krankenhauses Ankum ist nicht nur für den Nordkreis von Bedeutung. Wie unter einem Brennglas zeigen sich hier die Versäumnisse der Gesundheitspolitik der letzten Jahrzehnte. Eine chronische Unterfinanzierung der Krankenhäuser, das Setzen falscher Anreize durch ein prozedurenorientiertes Vergütungssystem, der Fokus auf Spezialisierung und der immer weiter fortschreitende Fachkräftemangel insbesondere in den ländlichen Regionen haben dazu geführt, das wir stehen, wo wir gerade stehen. Mitten in die Diskussion platzte das Versprechen einer Revolution des deutschen Krankenhaussystems durch den Bundesgesundheitsminister. Sein Plan, der unter anderem Vorhaltekosten für Krankenhäuser vorsieht, womit – zumindest anteilig – Krankenhäuser ähnlich wie die Feuerwehr nicht für geleistete Einsätze, sondern auch für ein „Bereit-Sein“ bezahlt werden, kann eine Chance für kleinere Standorte wie Ankum sein. Doch wann, wie und ob überhaupt diese „Revolution“ kommt, bleibt offen. Dennoch muss es Ziel sein, diese Möglichkeit für das Krankenhaus Ankum offen zu halten, wie wir in unserem Antrag fordern.

Was lernen wir aus der Diskussion um Ankum?

Spätestens nach der Schließung des Krankenhausstandortes Dissen im Jahr 2014 hätte sich die Politik im Landkreis intensiv mit der Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in unserer Region auseinandersetzen müssen – damals haben wir das versäumt und daraus haben wir gelernt. Bund und Land haben die Richtung vorgegeben: mehr ambulante Versorgung, mehr Spezialisierung, mehr Zentrierung. Und auch wenn die originäre Zuständigkeit bei Bund, Land und den Selbstverwaltungsorganen im Gesundheitswesen liegt, so ist der Landkreis jetzt gefordert, dafür Sorge zu tragen, dass unter diesen Voraussetzungen die medizinische Versorgung der Bürger im gesamten Landkreis sichergestellt ist. Dazu braucht es eine Bestandsaufnahme und intensive Auseinandersetzungen mit Krankenkassen, Ärzten, Ministerien und Trägern. Und es braucht ein langfristiges Konzept, dass die ambulante und stationäre Notfallversorgung sichert, eine flächendeckende haus- und fachärztliche Versorgung gewährleistet und die Geburtshilfe im Landkreis stärkt. 

Statt – wie von der AfD gefordert, kommunale Mittel in den Kauf eines bis auf weiteres von Insolvenz bedrohten Krankenhauses zu stecken und dazu noch immense Folgekosten zu generieren – hier reicht ein Blick nach Osnabrück und die notwendigen Zuwendungen an das Städtische Klinikum – sollten wir unsere knappen finanziellen und personellen Ressourcen besser darin investieren, eine zukunftsfeste, sektorenübergreifende und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung für alle Bürger im Landkreis Osnabrück zu schaffen, zu erhalten und zu verbessern.

Daher bitten wir um Unterstützung für den Bündnis-Antrag!

Mareen Guth